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Warum die biblische Lehre über Sexualität kein Randthema sein kann

matt studer

Aktualisiert: 28. Feb.


Ich denke, Sex wird überbewertet.

(Audrey Hepburn)


Überlegt doch einmal: Wer sich mit einer Prostituierten einlässt, wird mit ihr eins; sein Körper verbindet sich mit ihrem Körper. Es heißt ja in der Schrift: »Die zwei werden ein Leib sein.«

(Paulus in 1. Korinther 6,16)



Wieso ist das Sexthema für euch so wichtig? Warum richtet ihr hier eine Trennwand auf? Kann man sich nicht gegenseitig stehen lassen und innerhalb der christlichen Welt dazu verschiedene Positionen vertreten? Solche und ähnliche Fragen höre ich immer wieder.


Mit Sexthema meine ich alles rund um die traditionelle christliche Vorstellung, dass Sex in eine Ehe von Mann und Frau gehört - gemäss Design des Schöpfers. Anders gesagt, dass Sex ausserhalb der Mann-Frau-Ehe nicht dem Willen Gottes entspricht. Das heisst nicht, dass die Bibel die Ehe vergöttern würde. Jesus und Paulus waren Singles. Paulus sagt sogar, dass das Single-Sein zu bevorzugen ist. Die Bibel sagt nur, dass Sex in der Form einer Ehe zwischen Mann und Frau verwirklicht werden soll. Damit sagt die Bibel auch nicht, dass alle Nichtverheirateten ihr Menschsein nicht realisieren würden, weil sie keinen Sex haben können. Sex ist vielleicht nicht so wichtig, wie wir manchmal meinen. Sowohl Ehe als auch Single-Sein sind zwei valide Optionen für den Menschen. Keiner dieser Optionen negiert die Sexualität des Menschen - aber auch keine davon hebt Sex auf den Thron. Das ist wichtig zu beachten, wenn wir über die Zentralität der biblischen Sexualethik nachdenken wollen.


Das Sexthema ist wichtig, nicht nur auf der konservativen Seite. Es ist ja nicht so, dass die Progressiven uns hier einfach stehen liessen. Vielmehr werden wir mit unserer Haltung als die vorgestrigen Hinterwälder oder als die diskriminierenden Unterdrücker tituliert. Denn aus progressiver Sicht ist die traditionelle Überzeugung, dass Sexualität für die Ehe zwischen einem Mann und einer Frau reserviert sein soll, die Sünde schlechthin. Schon allein dieser Punkt offenbart, dass das Thema keine Nebensache sein kann. Wozu würde man sonst all die Podcasts, Blogs und Bücher produzieren?


Warum ist das Sexthema so zentral - einmal abgesehen davon, dass Sexualität jeden Menschen auf einer existenziellen Ebene betrifft (wobei zu definieren wäre, wie wir mit Konzepten wie 'sexueller Orientierung' oder 'sexueller Identität' umgehen sollen)? Das Ziel dieses Artikels ist, eine kleine Sammlung von Gründen zusammenzutragen, warum die christliche Kirche das Thema Sex eigentlich immer schon als zentralen Teil der christlichen Botschaft gesehen hat. Die Aufgabe, die ich mir hier stelle, ist theologischer Natur. Das heisst, ich werde nicht auf die seelsorgerliche und existentielle Dimension eingehen können, die für die 'Betroffenen' ja stets mitschwingt: "Warum sollte ich meine Sexualität nicht ausleben, wenn ich homosexuell bin? Ist es nicht sogar ungesund, einen zölibatären Lebensstil zu wählen? Wie kann Gott mich so 'kreieren', dass meine sexuelle Orientierung nicht seinem Design entspricht?" Solche Fragen sind wichtig und müssen beantwortet werden. Doch nicht hier und jetzt.



Warum Sexualität ein zentrales Merkmal des christlichen Glaubens bildet - eine kleine Sammlung, die erweitert werden darf


Nr. 1 - "in seinem Bild geschaffen": Und Gott schuf den Menschen zu seinem Bilde, zum Bilde Gottes schuf er ihn; und er schuf sie als Mann und Frau. (1. Mose 1,27) Könnte es sein, dass der Mensch, geschaffen im Bilde Gottes als Mann und Frau, etwas über Gott den Schöpfer aussagt? Gewiss. Theologen haben immer schon gerätselt, was das Imago Dei, diese Ebenbildlichkeit beinhaltet. Für Manche widerspiegelt der Mensch 'Mann und Frau' die innertrinitarische Beziehungsrealität Gottes. Gott ist Beziehung - der Vater ist der Vater des Sohnes, der Sohn der Sohn des Vaters, der Heilige Geist das Band der Liebe zwischen beiden. Gott ist nicht mono. Er ist drei Personen, wenn auch mit EINER Essenz (wir müssten ein anderes Mal tiefer in das Mysterium der Trinität eintauchen, das für den christlichen Glauben auch eine hohe praktische Relevanz hat). Man spricht dabei von Perichoresis, einem sich gegenseitigen Innewohnen, einem Einssein der Personen. Die Ehe widerspiegelt dieses perichoretische Sein der göttlichen Personen. Wenn Mann und Frau sich zu einem lebenslangen Bund zusammenschliessen und ein Fleisch werden - und darunter verstehe ich mindestens auch, dass Mann und Frau sich im Sex vereinen und eins werden - verstoffwechseln sie diese Perichoresis auf der menschlichen Ebene. [1]


Natürlich könnte man so argumentieren, dass der Mensch grundsätzlich perichoretisch geschaffen ist, weil er ein relationales, beziehungsorientiertes Wesen ist, welches nur in einem Beziehungsgeflecht gut leben kann. Das ist auch so - und zeigt wiederum, dass Singles keine minderwertigeren Wesen sind, weil sie ihre Relationalität ohne Sex nicht verwirklichen könnten. Vielmehr weist die eheliche, sexuelle Vereinigung ja über sich hinaus auf das Ziel, dass die Kirche, die Braut Jesu, einst ganz mit ihrem Bräutigam eins sein wird. Das ist das Ziel. Wenn dieses Ziel erreicht ist, wird auch die sexuelle Einheit in der Ehe hinfällig sein, wie Jesus bemerkt (Matthäus 22,30). Singles nehmen dieses Ziel vorweg, indem sie ihre Sexualität heute nicht ausleben, aber schon in Einheit mit Jesus leben. Christopher Yuan fordert uns hier heraus:

Wir sollten Singlesein nicht als einen temporären Zustand vor der Ehe betrachten. Vielmehr ist die Ehe der temporäre Zustand vor der Ewigkeit. (Holy Sexuality, S. 94)

Ich glaube, dass das entscheidende Merkmal der Mann-Frau-Schöpfung ihre Gleichheit und Andersartigkeit, ihre Komplementarität in Einheit ist. Wie Dennis Hollinger formuliert:

Es ist eine Verbindung zwischen zwei Menschen, die in ihrem Menschsein gleich sind und sich dennoch als Mann und Frau unterscheiden. (zitiert in Yuan, S. 85)

Zwei Wesen, die beide Mensch sind, sich aber als Mann und Frau unterscheiden, werden in der Ehe vereint. Die Bibel legt grossen Wert darauf, dass diese Spannung zwischen Gleicheit und Verschiedenheit aufrecht erhalten wird. Sex mit Tieren ist tabu, weil Tiere zu weit weg, zu unähnlich vom Menschen sind. Sex mit Geschwistern ist aber auch tabu, weil hier die Ähnlichkeit und Nähe zu gross ist (siehe Levitikus Kap. 18). Dasselbe gilt für gleichgeschlechtliche Beziehungen. Christopher Yuan fasst zusammen:

Gott möchte, dass Sex in der Ehe zwischen Mann und Frau genossen wird, wobei sexuelle Komplementarität ein zentraler Aspekt ist. Mann und Frau sind sich ähnlicher als Mensch und Tier, aber sie sind unähnlicher als Blutsverwandte oder Gleichgeschlechtliche. (Holy Sexuality, S. 85)

Warum diese Verschiedenheit in Einheit? Mit Gottes Wesen hat das nichts zu tun, denn Gott ist nicht geschlechtlich, weder Mann noch Frau. Ich glaube dass die Mann-Frau-Ehe das verkörpert, was Gott durch Christus mit der Kirche realisieren möchte: Die Kirche mit Jesus zu vereinen. Wohlgemerkt, wir reden hier von einer mystischen und nicht von einer sexuellen Vereinigung. Dieses Geheimnis ist gross, wie Paulus es sagt. Wir Menschen werden mit Gott vereint. Gott nimmt uns in sich auf, obwohl wir doch ganz anders sind als er - aber dennoch uns, die wir nach seinem Bilde geschaffen sind (und nicht etwa die Tiere, die ja auch von Gott geschaffen worden sind).


Ich lasse diesen Punkt mal so stehen und lade ein, hier weiterzudenken. Das Thema ist tief. Gott hat der menschlichen Sexualität einen prominenten Platz gegeben, wenn sie sogar als Bild für die mystische Einheit zwischen Jesus und seiner Braut dienen darf. (Es ist nicht das erste Mal, das ich darüber nachdenke, wie du hier sehen kannst).



Nr. 2 - "in seinem Bild geschaffen": Gott schuf den Menschen als Mann und Frau. Wir reden hier von einer Schöpfungsrealität, einer Schöpfungsordnung. Die biblische Lehre des Menschen, die biblische Anthropologie, geht davon aus, dass Gott den Menschen als binäres, sich ergänzendes Paar - Mann und Frau - geschaffen hat. Das war sehr gut so - und ist es bis heute. Gehen wir nicht gegen unser Geschaffensein, wenn wir diese Binarität auflösen wollen? Natürlich verkompliziert der Sündenfall die Situation: Wieso gibt es Leute, die als Mann geboren werden, sich aber als Frau 'fühlen'? Warum gibt es homosexuell Orientierte, für die es unnatürlich wäre, mit einer Frau zusammen zu sein? Wir fühlen mit diesen Menschen mit, jedoch ohne dabei die biblische Anthropologie auf den Kopf zu stellen. Jegliche alternativen Formen gegenüber der sexuellen Beziehung 'Mann und Frau' sind gemäss der Bibel eine Umkehrung der Schöpfungsordnung, eine Abkehr vom Natürlichen, so wie Gott es sich gedacht hatte. So formuliert es Paulus im Römerbrief, Kap. 1: Die Frauen vertauschten den natürlichen Geschlechtsverkehr mit dem widernatürlichen, und genauso machten es die Männer. (Römer 1,26-27) So hart das tönen mag, Gott hatte einen Plan mit seiner Schöpfung des Menschen. Und diesen Plan wirft er nicht so einfach über den Haufen, wenn der Mensch sich nicht daran hält. [2]


Aber ist diese Schöpfungsgeschichte wirklich so elem? Wollte Gott hier tatsächlich das bestimmende Paradigma für alle etablieren? Es gab ja relativ früh schon Polygamie in der Bibel, oder Scheidungen. Vielleicht hatte Gott bereits andere Möglichkeiten im Blick?


Dass der Anfang ganz zentral ist, sagt uns Gott selbst. Als Jesus mit den Pharisäern über die Möglichkeit von Ehescheidungen diskutierte, gab er folgendes zu bedenken: Von Anfang der Schöpfung an hat Gott sie geschaffen als Mann und Frau. (Markus 10,6) Mose erlaubte den Scheidebrief nur wegen der 'Hartherzigkeit der Herzen" (Vers 5), obwohl Gottes Idee von Anfang an eine andere war. Jesus fährt fort: Gottes Idee war es, dass ein Mann seinen Vater und seine Mutter verlassen und an seiner Frau hängen wird, so dass die zwei ein Fleisch sein werden. (Verse 6-7) Dieses 'Ein-Fleisch-weden' konnotiert schon die sexuelle Vereinigung von Mann und Frau. Und doch wird hier mehr ausgesagt. Das Wort, das in Genesis 2 für "ein Fleisch" gebraucht wird, ist das hebräische basar, das nicht nur den Körper einer Person, sondern den Menschen als Ganzen meint. Eins werden heisst, dass zwei Menschen körperlich, emotional, sowie seelisch und existenziell miteinander verschmelzen. Und nicht einfach zwei Menschen, sondern ein Mann und eine Frau, wie Jesus verdeutlicht, indem er auf den Anfang verweist. Das war Gottes Schöpfungsidee: Die tiefgreifende Einheit von Mann und Frau, die nicht mehr aufgelöst werden soll. Noch einmal Jesus: Was nun Gott zusammengefügt hat, soll der Mensch nicht scheiden. (Vers 9) [3]


Der Anfang ist unser Orientierungspunkt, auch wenn es danach anders kam. Polygamie, die Vielehe, war nie der ursprüngliche Gedanke Gottes. Polygamie wurde zwar geduldet, aber in der Bibel durchs Band negativ portätiert. Im Hohelied der Liebe, einem Buch, das ganz der Romantik und Sexualität gewidmet ist, haben wir nur einen Bräutigam und eine Braut. Gottes fixe Idee war die Mann-Frau-Ehe, als lebenslanger Bund. Der Kirchenvater Chrystosomus brachte es einst schön auf den Punkt:

Hätte er gewollt, dass der Mann sein Weib entlassen und eine andere heiraten dürfe, so hätte er nach der Erschaffung des einen Mannes gewiss mehrere Weiber gebildet. (Matthaeum Homiliae 62.1)


Nr. 3 - "Die Mann-Frau-Ehe ist eng mit dem Evangelium verwoben": Dieser Punkt klang nun schon mehrfach an. Zitieren wir Paulus:

»Deshalb«, so heißt es in der Schrift, »wird ein Mann Vater und Mutter verlassen und sich mit seiner Frau verbinden, und die zwei werden ein Leib sein.« Hinter diesen Worten verbirgt sich ein tiefes Geheimnis. Ich bin überzeugt, dass hier von Christus und der Gemeinde die Rede ist. (Epheser 5,31-32)

Die Schöpfungsrealität Mann-Frau und das Eins werden der beiden zeugt von einer viel tieferen Realität, der Einheit von Christus und seiner Gemeinde, dem Einssein von Jesus und dir. Darum ist es so wichtig, dass die Ehe zwischen einem Mann und einer Frau einen Bund auf Lebzeit bedeutet. Warum? Weil ein solcher Bund das Abbild von Gottes Bund mit uns ist. Gott wird auch im Alten Testament zuweilen als Bräutigam beschrieben, der einen Bund mit seinem erwählten Volk eingeht und der trauert, wenn seine Braut ihm untreu wird und ihn verlässt (nachzulesen im Buch Hosea). Aber er, der Bräutigam, wird seine Frau niemals aufgeben. Das geht sogar soweit, dass Gott seinen Propheten Hosea auffordert eine Prostituierte zu heiraten, um die Beziehung von ihm zu seinem untreuen Volk zu versinnbildlichen. Obwohl sie immer fremd geht, heiratet er sie und bleibt ihr treu.


Wenn ältere Ehepaare im Park Hände halten, wenn junge Ehepaare an ihrer Beziehung arbeiten, die sowieso herausfordernd wird, wenn man so nahe zusammen unterwegs ist, dann zeigen sie damit etwas von Gottes Treue und Liebe zu uns. Gott gibt uns nie auf, gibt sich für uns hin, vergibt uns unsere Fehler und wäscht uns rein. Selbst die Menschen unserer säkularen Gesellschaft, die sexuelle Beziehungen ganz anders denken und leben, sehen die Schönheit einer lebenslangen und verbindlichen Beziehung, in der man einander treu bleibt und aufeinander ausgerichtet ist. Auch hier ist Sex lediglich ein Aspekt des Ganzen, wenn auch kein Unwichtiger. Die sexuelle Vereinigung von Mann und Frau bestätigt und zelebriert die Einheit des Ehebundes. Sex ist keine leichtfertige Sache, die man hier und da gegenseitig austauscht wie eine Ware. Nicht von ungefähr greift auch Paulus auf den Anfang zurück, wenn er den Korinthern verbietet, sich sexuell mit einer Prostituierten zu vereinigen:

Überlegt doch einmal: Wer sich mit einer Prostituierten einlässt, wird mit ihr eins; sein Körper verbindet sich mit ihrem Körper. Es heißt ja in der Schrift: »Die zwei werden ein Leib sein.« (1. Korinther 6,16)

Sex haben heisst 'eins werden' - und das ist etwas Heiliges, nicht etwas Banales.



Nr. 4 - Abweichungen von der Norm 'Sex in einer Ehe zwischen Mann und Frau' werden in der Bibel durchgängig negativ bewertet und als Sünde bezeichnet:


Dabei ist ganz wichtig zu sehen, dass es sich hierbei nicht nur und meistens gar nicht um homosexuelle Beziehungen handelt. Um nur ein paar Beispiele zu nennen, haben wir da den Inzest von Lot mit seinen Töchtern (Genesis 19,31-36), Samson und eine Prostituierte (Richter 16,1), David's Ehebruch mit Batsheba (2. Samuel 11,1-5). Im Neuen Testament gibt es da unter anderem die schräge Story eines Mannes, der sich damit brüstete, eine sexuelle Beziehung mit der Frau seines Vaters zu haben (1. Kor. 5,1) oder die Samariterin, die bereits ihren sechsten Mann hatte (Johannes 4,16-18). Das sind alles heterosexuelle Beziehungen. Und solche Beziehungen werden auch im Neuen Testament verurteilt: Ehebruch ist nicht das, was Gott möchte (siehe oben) - und Fremdgehen ist das Brechen der Ehe und damit der Grund für eine Scheidung, wie Jesus anmerkt: Wer sich von seiner Frau scheidet und eine andere heiratet - es sei denn, seine Frau ist ihm untreu geworden, - der begeht Ehebruch. (Matt. 19,9) Ja, das Fremdgehen, also die sexuelle Vereinigung der Frau mit einem anderen Mann, stellt bereits den Bruch der Einheit der Ehe dar - und nur darum darf die Ehe aufgelöst werden (weil sie ja bereits gebrochen ist). Sex gehört in die Ehe, andernfalls würde auch Paulus nicht vor sexueller Enthaltsamkeit warnen: Wegen der Gefahr sexueller Unmoral soll ein Mann die eheliche Beziehung mit seiner Frau pflegen (also Sex haben). (1. Kor. 7,2) Und den Verwitweten rät er: Fällt es ihnen jedoch zu schwer, ihr Verlangen zu beherrschen, dann sollen sie heiraten. (1. Kor. 7,9)


Sexuelle Sünden sind aber sicher nicht die einzigen und auch nicht die schlimmsten aller Sünden. Die schlimmste Sünde ist es, den Heiligen Geist zu lästern, denn diese Sünde kann nicht vergeben werden. (Matt. 12,31-32) Ganz generell bleibt das Königreich jedem versagt, der ein notorischer, willentlicher und nicht zur Umkehr bereiter Sünder bleibt, sei er ein Dieb, ein Lügner oder einer, der in sexuelle Unmoral verstrickt ist: [4]

Macht euch nichts vor: Keiner, der ein unmoralisches Leben führt, Götzen anbetet, die Ehe bricht, homosexuelle Beziehungen eingeht, stiehlt, geldgierig ist, trinkt, Verleumdungen verbreitet oder andere beraubt, wird an Gottes Reich teilhaben. (1. Korinther 6,9)

Sam Allberry rät uns diesbezüglich:

Die Tatsache, dass in biblischen Verweisen gleichgeschlechtliche Sexualität neben sehr unterschiedlichen Formen der Sünde erwähnt wird, zeigt, dass sie nicht zu einer eigenen Kategorie gehört. Wir müssen darauf achten, sie nicht nicht auf eine Weise hervorzuheben, die den Eindruck erweckt, es wäre so.

Allberry fährt fort:

Wenn einige Gemeinden darüber diskutieren, jeden Kandidaten von der Ordination auszuschliessen, der mit gleichgeschlechtlichem Verlangen zu kämpfen hat ... frage ich mich, warum das Gleiche nicht von denen gesagt wird, die möglicherweise mit Gier zu kämpfen haben.

Sexuelle Sünden sind nicht die einzigen Sünden, die es gibt und heterosexuelle Unmoral ist genau so zu meiden wie gleichgeschlechtlicher Sex. Trotzdem sind wir in der Bibel mit dieser unbequemen Tatsache konfrontiert: Sünde wird Sünde genannt. Stehlen ist

Sünde, Lügen ist Sünde, unmoralisch ausgelebte Sexualität ausserhalb einer Mann-Frau-Ehe ist Sünde. Darum kommen wir einfach nicht herum.


Sexuelle Sünde ist insofern speziell, dass sie direkt mit unserem Körper zu tun hat, wie Paulus im ersten Korintherbrief schreibt: Lasst euch unter keinen Umständen zu sexueller Unmoral verleiten! Was immer ein Mensch für Sünden begehen mag – bei keiner Sünde versündigt er sich so unmittelbar an seinem eigenen Körper wie bei sexueller Unmoral. (1. Kor. 6,18) Unser Körper ist ein Tempel des Heiligen Geistes (Vers 19). Darum sollen wir auch heilig mit ihm umgehen, wenn es unsere Sexualität betrifft. Sexualität ist heilig.


Mit den sexuellen Sünden ist es eigentlich wie mit allen anderen Sünden auch. Selbst wenn wir immer wieder sexuell versucht werden, sollen wir auch gegen diese sexuelle Versuchung kämpfen und sie überwinden und wenn wir hinfallen wieder aufstehen, weil Gott uns gnädig ist. Der christliche Auftrag ist, vor den sexuellen Sünden zu fliehen (1. Kor. 6,18 nach der evangelistischen Übersetzung), so wie Joseph vor den sexuellen Avancen der Frau Potifars geflohen ist. Wir sollen auch in diesem Punkt heilig leben, weil Jesus selbst heilig gelebt hat - gerade im sexuellen Bereich. Stell dir vor: Jesus hat nie eine Frau mit begehrlichem Blick angesehen (Matt. 18,8-9), nie mit dem Gedanken gespielt, eine Frau (oder einen Mann) für eine Nacht zu verführen, oder Pornografie angeguckt.


Sexualität gehört in die intime, sichere und verpflichtende Beziehung einer Ehe zwischen Mann und Frau. Dieses Bild ist Gott heilig. Sex ausserhalb der Ehe ist demzufolge Sünde, nicht weil Gott uns dadurch den Spass verderben will, sondern weil Sex so heilig und so wichtig ist.



Gehört menschliche Sexualität also zum Kern des christlichen Bekenntnisses oder eher zum Rand?

Wir haben versucht in vier Punkten zusammenzutragen, warum das Sex-Thema nicht einfach unter 'ferner liefen' angesiedelt werden kann, sondern wir haben festgestellt, dass es ein wichtiges und heiliges Thema ist, das bei der Schöpfungsgeschichte beginnt und sich durch die ganze Bibel hindurchzieht, mit dem positiven Vorbild der Mann-Frau-Ehe und der negativen Bewertung alternativer Formen. Es ist vielleicht nicht ein Thema, das die altkirchlichen Bekenntnisse aufgenommen haben, aus welchen Gründen auch immer. Vielleicht, weil es damals nicht so umstritten war. Aber wahrscheinlicher noch, weil es der alten Kirche in erster Linie darum ging, dass wir unser Verständnis von Gott (der Trinität) und Jesus (wie kann Jesus sowohl Gott und Mensch sein?) gut auf die Reihe kriegen.


Doch obwohl die alte Kirche kein Bekenntnis über Ehe und Sexualität verfasst hat, war das Thema Sexualität auf eine Art und Weise bekenntnishaft vorhanden. Denn so wie die Christen lebten - eben monogam und treu - war revolutionär in der antiken Gesellschaft, die kein Problem mit Promiskuität oder auch homo-erotischen Beziehungen hatte. Somit bekannten die Christen durch ihren Lebenswandel nach aussen, wie heilig ihnen der richtige Rahmen für Sex war. Sie verkörperten das Bild Gottes in einer Gesellschaft, die in sexueller Unmoral verstrickt war und vergessen hatte, wozu Sex von Gott gedacht war.


Gehört das Sex-Thema nun zum Kern? Lohnt es sich darüber zu streiten oder sich unter Umständen sogar zu trennen, wenn man sich nicht finden kann? Dass das Thema nicht unwichtig ist, wurde hoffentlich klar. Wo es genau hingehört auf der Rangliste der Kern-Themen, darüber können wir diskutieren. Für mich gehört es nicht in den innersten Kern der christlichen Wahrheit, so wie die Frage, wer Gott ist (Gotteslehre) und was er für uns gemacht hat (Heilslehre). Und trotzdem ist die Frage, wer und wie der Mensch ist nicht so ganz weit weg von diesen Themen. Genau genommen war der Aspekt, dass der Mensch in Sünde gefallen und von Gott gerettet werden muss stets Teil des christlichen Kerns.

Doch reden wir hier ja noch spezifischer von seinem Geschaffen-Sein als Mann und Frau, inklusive seiner Sexualität - einem anthropologischen Thema. Ich glaube fest nicht, dass Theologie gleich Anthropologie ist, wie dies in gewissen theologischen Etablissements zum Teil vertreten wird. Beim christlichen Glauben und der christlichen Theologie geht es zuerst um Gott - und Gott wollen wir nicht ausblenden. Doch dann geht es eben auch um den Menschen. Wenn Anthropologie das Thema der Stunde ist, müssen wir Christen darum ringen, unsere Antworten dazu biblisch und relevant zu formulieren.


Vielleicht könnte man es so beschreiben: Wenn die christliche Lehre ein Gebäude ist, so sind die beiden Bereiche der Gottes- und Heilslehre gewiss architektonische Stützpfeiler, die das ganze Gebäude tragen. Wo aber gehört die theologische Anthropologie hin? Für Trevin Wax ist die biblische Lehre über die Ehe und Sexualität des Menschen schon eine architektonische Wahrheit. Sie ist zwar vielleicht kein Stützpfeiler. Aber sicher ist sie auch keine Schraube, die einfach so ausgewechselt werden kann. Sie gehört massgeblich zur Architektur des Gebäudes dazu - und wenn sie fehlen würde, würden wir das merken.



Für weitere Gedanken zum Thema "architektonische Wahrheit oder nicht" empfehle ich diese Artikel:




[1] Natürlich stösst diese Analogie an Grenzen, wie jede Analogie mit der Trinität. Denn Gott ist auf eine Art eins, wie wir Menschen es nie sein könnten. Siehe dazu Colin Gunton, The One, the Three and the Many, S. 170, sowie das ganze Buch für tiefe Gedanken dazu.


[2] Im Römerbrief ist diese Umkehr dieses Planes sogar ein Teil des göttlichen Gerichts, weil der Mensch sich von Gott abgewandt und die Kreatur angebetet hatte: Gott gibt sie ihren Leidenschaften preis, wie es in Römer 1,26 heisst. So krass das für uns tönen mag.


[3] Natürlich wird auch dieses Bild durch den Sündenfall verkompliziert: Es gibt Ehen, die daran zerbrechen. Das Thema Scheidung heben wir uns für ein anderes mal auf.


[4] Man bedenke, Paulus spricht hier von Sündern, die nicht bereit sind von ihren Sünden umzukehren. Das ist nicht gegen die Gnade Gottes. Vielmehr wurden die Korinther durch die Gnade Gottes von ihrem alten Lebensstil in ein neues Leben hinein transformiert. Zurück zum Text

 
 
 

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