Glücklich zu preisen ist der, der standhaft bleibt, wenn sein Glaube auf die Probe gestellt wird. Denn nachdem er sich bewährt hat, wird er als Siegeskranz das ewige Leben erhalten, wie der Herr es denen zugesagt hat, die ihn lieben.
(Jakobus 1,12)
Dieser Vers bringt all das noch einmal auf den Punkt, was Jakobus bis jetzt geschrieben hat. Wir haben in diesem Leben diesseits der Ewigkeit herausfordernde Situationen zu bestehen, soviel ist klar. Doch gerade durch die schwierigen Umstände arbeitet Gott an uns und verwandelt uns in das Bild seines Sohnes. Wir sind immer in seiner Hand, nie ausserhalb seines Wirkungsfelds (Verse 2-4). Weiter erinnerte Jakobus daran, dass wir uns auch in diesen Umständen jederzeit an unseren Vater im Himmel wenden können, damit er die nötige Weisheit und die richtige Perspektive gibt, in diesen Prüfsituationen gut und schön zu leben (Verse 5-8). Zuletzt eröffnete Jakobus uns noch die Perspektive des Evangeliums auf die Herausforderungen des Arm und Reich Seins (Verse 9-10) .
In diesem Vers (12) nun spricht Jakobus vom Lohn für all diejenigen, die durch diese und vielleicht auch andere Prüfungen hindurch standhaft bleiben - dem Siegeskranz des ewigen Lebens. Er vergleicht das Leben eines Christen hier mit einem Lauf. Wohl eher einem Marathon als einem Sprint, denn es geht um eine Ausdauer auf lange Sicht. In der antiken Welt gab es noch keine Goldmedaillen für Langstreckenläufe, aber dafür eben einen Siegeskranz. Für Jakobus figuriert der Siegespreis als Motivation für den Abschnitt, in dem sich der Läufer gerade befindet. Der Läufer blickt auf das Ziel in der Ferne und rennt trotz aller Entbehrungen für den Siegespreis.
Wir denken normalerweise nicht vom Ende des Lebens oder von der Ewigkeit her, wenn uns im Hier und Heute Schwierigkeiten begegnen. Wir denken eher in die nahe Zukunft, an das Wochenende oder die nächsten Ferien. Oder dann schon auch unmittelbar an das Jetzt und wie wir unsere leidige Situation gerade jetzt verbessern könnten. Das Buch 'Jetzt! Die Kraft der Gegenwart' von Eckhart Tolle gastierte lange auf allen spirituellen Bestsellerlisten, weil es unsere Sehnsucht nach einem erfüllten (und nicht abgelenkten) Leben im Jetzt anspricht. Es ermutigt zu einem vollen Leben in der Gegenwart, wobei man seine Gedanken und Sorgen an die Vergangenheit und die Zukunft transzendieren solle. Das alles sagt viel über unsere Prioritäten aus. Auch die Bibel verheisst, dass wir in Christus bereits das volle Leben haben. Gott zu kennen bedeutet, bereits heute Anteil am ewigen Leben zu haben (Joh 17,3). Das ist aber nicht die einzig mögliche und auch nicht unbedingt immer die wichtigste Perspektive die wir brauchen. Ich weiss nicht wie gut Eckhart Tolle in einer Gefängniszelle funktioniert. Dockt er nicht besser an einem sowieso schon wohlgesättigten Lebensgefühl an? Wer genug Geld auf dem Bankkonto hat und gesund ist, kann es sich leisten, ganz im Jetzt zu leben und das Morgen auszublenden.
Denk mal umgekehrt! Alle schwierigen Umstände, alles Leiden und alle Krämpfe und Kämpfe sind dazu da, dir zu einer besseren Zukunft zu verhelfen. Würdest du dich unter diesen Umständen nicht sogar im Schwierigen drin wenigstens etwas freuen können? Wenn du dir vorstellst, dass gerade die aktuelle Herausforderung des Tages einen Teil zu deinem zukünftigen Glück beiträgt? Der Apostel Paulus beschrieb diesen Gedanken noch etwas eloquenter:
Denn die Nöte, die wir jetzt durchmachen, sind nur eine kleine Last und gehen bald vorüber, und sie bringen uns etwas, was von unvergleichlich viel größerem Gewicht ist: eine unvorstellbare und alles überragende Herrlichkeit, die nie vergeht. (2 Kor 4,17)
Herausfordernd? Ja! Geheimnisvoll? Gewiss (wieso funktioniert Gottes Welt so und nicht anders?)! Ermutigend? Unbedingt!
Wir betreten nun das Terrain, das Jesus und die Apostel als Jüngerschaft deklarierten. Was heisst Jünger sein? Gemäss Jesus, täglich sein Kreuz auf sich zu nehmen und ihm nachzufolgen (Mt 16,24). Jüngerschaft hat also direkt etwas mit Sterben zu tun. Damit, dass man sich selbst verleugnet und für Jesus lebt: "Er muss wachsen, ich aber muss abnehmen." (Joh 3,30) Und nun dienen gerade die schwierigen Dinge in deinem Leben dazu, dass der Charakter Jesu in dir wachsen und Form annehmen kann. Bitte beachte, wir reden hier nicht von einer Selbstgeisselung und einem verbitterten, desillusionierten Leben als Christ, sondern von einem Leben in Fülle! Denn sein Leben zu verlieren heisst im Endeffekt, es wirklich zu gewinnen, sogar schon im Jetzt!
Wie sehr hilft es mir dabei auf den zu schauen, dem ich auf diesem ja manchmal auch leidensvollen Weg nachfolge.
Wir wollen ... unseren Blick auf Jesus richten, den Wegbereiter des Glaubens, der uns ans Ziel vorausgegangen ist. Weil Jesus wusste, welche Freude auf ihn wartete, nahm er den Tod am Kreuz auf sich, und auch die Schande, die damit verbunden war, konnte ihn nicht abschrecken. Deshalb sitzt er jetzt auf dem Thron im Himmel an Gottes rechter Seite. Wenn ihr also in der Gefahr steht, müde zu werden, dann denkt an Jesus! (Hebräer 12,1b-3a)
Jesus wusste sogar am Kreuz, welche Freude ihn erwartete. Und ein Teil seiner Freude war ganz bestimmt, dass er dich und mich durch seinen Tod erlösen und als 'sein Eigentum' erkaufen würde (1 Kor 6,20). Diese selbstlose Freude trieb ihn an und gab ihm Kraft, sogar noch am Kreuz. Wie ist es mit uns?
Glücklich zu nennen ist, wer seine Stärke in dir gefunden hat, alle die, deren Herz erfüllt ist von dem Wunsch, zu deinem Heiligtum zu pilgern. Durchqueren sie das Tal der Dürre, so wird es durch sie zu einem Ort mit Quellen, und auch der Herbstregen schenkt dem Tal wieder Fruchtbarkeit. Sie empfangen auf Schritt und Tritt neue Kraft, bis sie dann vor Gott auf dem Berg Zion stehen. (Psalm 84,7-9)
Im Spielfilm 'The Courier' spielt Benedict Cumberbatch einen Geschäftsmann, der als Informant hinter dem eisernen Vorhang wichtige Information austauschen soll. Als sein Spiel auffliegt landet er im Gulag, dem schrecklichsten Gefängnis Russlands, wo er gefoltert und gequält wird. Dort bleibt er mehrere Jahre, bis er schlussendlich wieder freikommt. Was hält ihn am Leben (denn normalerweise stirbt man im Gulag)? Nur der Gedanke daran, dass seine Frau und seine Landsmänner zu Hause für seine Freilassung kämpfen. Weil er so hofft ist er in der Lage, trotz der widrigen Umständen durchzuhalten. Man sagt ja, dass die Hoffnung zuletzt stirbt.
Einen wichtigen Aspekt der ganzen Sache sollten wir dabei noch ins Auge fassen. Denn Jakobus tönt ja fast so wie wenn dieser Siegeskranz des ewigen Lebens nur denen vorbehalten ist, die sich im Glaubenskampf vorbildlich und heroisch bewähren. Gilt diese Zusage also nur den geistlichen Überfliegern? Was ist mit uns, die wir eher tiefer fliegen oder sogar öfters hinfliegen? Predigt Jakobus hier Gesetzlichkeit anstatt Gnade (Luther's Vorwurf)? Müssen wir uns die Krone oder den Siegeskranz am Ende selber verdienen?
Stell dir folgende Situation vor: Wenn ein Prinz die Krone bereits zugesagt bekommen hat, seine Krönung aber noch bevorsteht, wird er sich nicht umso mehr darum bemühen, sein Leben seiner Berufung entsprechend zu gestalten? Hören wir uns Calvin's Worte an:
Diese schlussfolgern falsch (absurd), wenn sie daraus ableiten, dass wir durch unser Kämpfen die Krone selbst verdienen. Denn weil Gott uns aus seiner Gnade bereits dafür berufen hat, macht uns das Kämpfen lediglich 'tauglich', sie auch zu empfangen. (Kommentar zum Jakobusbrief, meine Übersetzung)
Wir könnten auch anders fragen: Müssen wir Gott lieben, damit er uns liebt? Das wäre tragisch! Nein, Gott hat uns zuerst geliebt. Und darum wollen auch wir lieben (1 Joh 4,19). Gerade weil Gott uns liebt, werden wir in den Tanz seiner Liebe mit hineingenommen. Gerade weil Gott uns den Siegespreis verheissen hat und wir gewiss sein dürfen, dass er seine Versprechen einlösen wird, werden wir mit unerschütterlicher Hoffnung kämpfen und dranbleiben, selbst in den schwierigsten Umständen unseres Lebens! Wir müssen dabei nicht perfekt sein. Wir dürfen immer wieder aufstehen, wenn wir hingefallen sind. Dranbleiben und für den Siegespreis rennen heisst nichts anderes, als unseren Blick immer wieder auf Jesus, den Wegbereiter auch unseres Glaubens zu richten, der uns schon ans Ziel vorausgegangen ist. So dürfen wir gewiss sein, dass auch wir eines Tages dort ankommen werden und den Siegespreis empfangen dürfen.
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